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Oszillographik

 
Erich Tschinkel’s Oszillographik oder
Die Verselbständigung eines Vorwortes
 
Der Welt der technischen Dinge verhaftet hat Erich Tschinkel bisher malerisch eine von ihm als neue Sachlichkeit gedeutete Kunst ausgeübt. Daneben befasste er sich fallweise mit Konzepten, wie seine Mappe „Noshaq 7492m“ beweist, die belichtete fotografische Papiere, die im Hindukusch dem Licht ausgesetzt waren, enthält. In seiner „Oszillographik“ nun verselbständigt er das Vorwort, indem er die Schallwellen des gesprochenen Wortes mit dem Kathodenstrahl-Oszillographen aufzeichnete. Die Umsetzung in die Grafik machte das Fotografieren des Oszillogramms notwendig und der gedruckte Text wurde in Verbindung mit einer kontiunuierlichen Reihe dieser fotografischen Aufnahmen wiedergegeben. Es versteht sich, dass das tatsächliche Kontinuum nur durch Teilstationen repräsentiert wird und dies erklärt auch die Abschnitthaftigkeit der visualisierten Sprache: das einzelne Bild ist nicht ein Wort, sondern der gleichförmige Ausschnitt aus dem Sprachkontiunuum. Tschinkel versucht mit dieser Arbeit, Sprache zu visualisieren. Weder er – noch ich – streben einen Personenkult an, sondern Tschinkel versucht andere Realitätsebenen in dieser Grafik zum Sprechen zu bringen. Die Sprachwellen als grafisches Element, die – vielleicht als Sprachmelodie aufzufassen – uns in dieser Grafikmappe entgegentreten, machen Sprache nicht nachvollziehbar, geben aber dem gedruckten Wort eine neue Dimension. Der Realist Tschinkel bleibt nicht an der Haut der Dinge hängen, sondern versucht unsere Realitätserfahrung in der Kunst zu veranschaulichen.
 
Prof. DDr. Wilfried Skreiner, 1979 | Graz, Forum Stadtpark „Oszillographik“
 
 

 
 
 
Aufzeichnung von Schallwellen mit dem Kathodenstrahl-Oszillographen
 
Elektronen, die aus einem glühenden Metalldraht emittiert werden, treffen nach entsprechender Fokussierung und Beschleunigung auf dem Leuchtschirm der Kathodenstrahl-Oszillographenröhre auf, wo sie einen Lichtpunkt erzeugen. Durchläuft der Elektronenstrahl vorher ein elektrisches Feld, das durch Anlegen einer Spannung aufgebaut wird, so wird er dementsprechend in der y-Richtung abgelenkt.
 
Die gleichmäßig ablaufende Zeit wird durch eine periodisch ansteigende und plötzlich auf Null absinkende Spannung ersetzt. Sie führt den Lichtpunkt gleichförmig horizontal über den Leuchtschirm und anschließend in wesentlich kürzerer Zeit wieder zum Ausgangspunkt zurück. Durch die geeignete Wahl einer solchen konstanten Geschwindigkeit des Elektronenstrahls erhält man auf dem Leuchtschirm „Wellenlinien“, da das Auge infolge des raschen Zurückspringens des Lichtpunktes den Eindruck eines ständig vorhandenen Bildes hat.
 
Die horizontale x-Spur stellt also die Zeitachse dar, während senkrecht dazu der Strahl in der y-Richtung eine Ablenkung erfährt, die den jeweiligen Schallschwingungen entspricht. Diese werden mit Hilfe des Mikrofons in elektrische Signale umgewandelt und nach geeigneter Verstärkung auf den Kathodenstrahl-Oszillographen übertragen. Dort werden die Grund- und Oberschwingungen sichtbar.
 
 
 
Prof. DDr. Wilfried Skreiner spricht das Vorwort zur Ausstellung, 1977 | Erich Tschinkel „BILDER“, Graz, Wien 1977
 
 

 

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